Vollwert Ernährung
Die Vollwertkost ist als Ernährungskonzept zur Zeit in aller Munde und gerade in Sportlerkreisen ist das Interesse daran sehr groß. Für die
Vollwerternährung gilt der Leitsatz ?laßt unsere Nahrung so natürlich wie möglich", d. h. die verwendeten Lebensmittel sollten möglichst
wenig verarbeitet sein. Auf isolierte und raffinierte Produkte sollte möglichst verzichtet werden. Pflanzliche Lebensmittel sollten bevorzugt,
der Fleischverzehr sollte reduziert werden.
Es handelt sich also um eine Kost, die sich zusammensetzt aus Getreide und Getreideerzeugnissen, aus Milch und Milchprodukten, aus
Eiern, aus möglichst frischem Gemüse und frischem Obst, aus Nüssen, Samen und daraus hergestellten Pflanzenölen, Gewürzen und
Gewürzkräutern und geringen Mengen von Süßungsmitteln. Fleisch kann in geringen Mengen eingebaut werden, sollte aber von Tieren aus
artgerechter Haltung stammen.
Einmal in der Woche ist eine Mahlzeit mit Seefisch zu empfehlen. Diese Kost ist auch für die Ernährung des Sportlers empfehlenswert. Die
vegane Ernährung, die auf jede Zufuhr von tierischen Lebensmitteln verzichtet, kann allerdings zu Mangelerscheinungen ? insbesondere in
der Ernährung von Kindern und Jugendlichen - führen. Calcium, Eisen, Vitamin B12 und Protein stehen dabei im Vordergrund, wird die Kost
noch ausschließlich roh verzehrt, so kann sie auf Dauer auch die energetischen Bedürfnisse eines arbeitenden Menschen bzw. Sportlers
nicht decken.
Die (ovo-)lactovegetabile Kost, die Milch, Milchprodukte (und Eier) mit einbezieht, ist dagegen vollwertig. Wenn sie abwechslungsreich
gestaltet wird, sind keine Nachteile für die Ernährungsversorgung zu erwarten.
Veränderte Verzehrmuster
Die gesundheitlichen Vorteile ergeben sich aus den veränderten Verzehrsmustern, die auch leistungsphysiologisch günstig zu beurteilen
sind: vermehrte Zufuhr komplexer Kohlenhydrate (Stärketräger, die gleichzeitig Ballaststoffe, B-Vitamine, Magnesium und Kalium
enthalten) sowie Kontrolle tierischer Eiweißbegleitstoffe, wie gesättigte Fettsäuren (in versteckten Fetten), Cholesterin und Purine (=
Harnsäurebildner).
Ein lactovegetabiler Trend wird heute allgemein als empfehlenswert herausgestellt. Fisch, Fleisch und Ei sind eher Beilagen einer
kohlenhydratbetonten Mahlzeit. Fleisch und Wurst sollten deutlich weniger häufig verzehrt werden. Das heißt im Klartext: nicht mehr
täglich Fleisch, insgesamt kleinere Fleischportionen und seltener Wurst aufs Brot.
Lebensmittel sollten (neben dem Rohverzehr) möglichst frisch und unverarbeitet in den Topf, um zusätzliche Nährwert- und
Geschmackseinbußen zu vermeiden. Erstrebenswert ist es ferner für die tägliche Ernährungsgestaltung, Gemüse und Obst vermehrt frisch
zuzubereiten, d.h. Gemüse auch als Salat aufzutischen und Obst nicht nur als Kompott oder Saft, sondern häufiger, allerdings gut
gewaschen und evtl. sparsam geschält, aus der Hand zu genießen.
So frisch und so einfach wie möglich das ist die Devise.
Im Sinne einer vollwertigen Ernährung empfehlenswert sind: Vollkornbrötchen, -brote, -gebäck, Vollkornschrote bzw. -mehle (hohe
Typenzahl, z. B. ab 1050, steht auf der Packung), Vollkorn- oder zumindest Parboiled-Reis, Vollkorn- oder Sojateigwaren, frische Kartoffeln
(am besten in wenig Wasser gegart oder als Pellkartoffeln), frische oder tiefgefrorene Gemüse und Küchenkräuter, Salatgemüse, frische
Sojasprossen (Keimlinge) und Pilze, frisches Obst der Jahreszeit, ungezuckerte, tiefgefrorene Früchte, Frischmilch und fettarme
Sauermilchprodukte, ergänzt durch Frischfleisch und frische Seefische.
Magnesiumhaltiges Mineralwasser, Früchte- und Kräutertees sowie Fruchtsaftschorlen sind gute Durstlöscher.
Leistungskost betont Kohlenhydrate
Vegetarische Ernährungsprinzipien gewinnen im Sport zunehmend an Bedeutung, weil sie eine sinnvolle Kohlenhydratbetonung in der
Ernährung ermöglichen. Kohlenhydrate sind in Ausdauersportdisziplinen in der Wettkampfvorbereitung, am Wettkampftag sowie in der
Regenerationsphase mit einem Anteil von ca. 60 Prozent an der Energiebereitstellung die zentrale Nährstoffgruppe.
Es ist ein Irrtum zu glauben, nur über die tägliche ?Fleischration" könne der Körper ausreichend mit Eiweiß versorgt werden. In der
gemischten Kost ergänzen sich folgende pflanzliche und tierische Proteine besonders vorteilhaft, zum Beispiel:
Brot mit Käse
Haferflocken mit Miclch
Kartoffeln mit Ei
und selbst rein vegetabile Kombinationen wie Erbsen und Mais
Es zählt also nicht mehr allein die isolierte Betrachtung der biologischen Wertigkeit eines Lebensmittels, sondern die aufgezeigte
Ergänzungswirkung verschiedener Nahrungsproteine. So gibt es reine Milcheiweißkonzentrate oder Mischungen aus Soja- und Milcheiweiß
oder mit Lysin angereichertes Weizeneiweiß, alles praktisch fett-, cholesterin- und purinfreie Präparate. Auf keinen Fall ist es sinnvoll, den
Fleisch- und Wurstanteil in der Kost des Sportlers noch zu steigern. Das muß auch bei der Ernährung des jugendlichen Sportlers und den
damit angebahnten Ernährungsgewohnheiten und gesundheitlichen Konsequenzen mitbedacht werden.
Dies gilt ebenfalls unter dem vieldiskutierten Aspekt der Eisenversorgung. Obwohl Fleisch und Fleischwaren recht viel Eisen enthalten (bei
gemischter Ernährung stammen aus dieser Lebensmittelgruppe ca. 30 Prozent des Eisens), darf nicht übersehen werden, daß die
Eisenversorgung der Bevölkerung und des Sportlers ein allgemeines Ernährungsproblem darstellt, das auch bei Fleischessern häufig
vorhanden ist. Eisen aus Fleisch und Fleischprodukten wird mit ca. 23 Prozent im allgemeinen besser resorbiert als Eisen aus pflanzlichen
Lebensmitteln (3 bis 8 Prozent bei nicht entleerten Eisenspeichern).
Hämeisen fördert die Eisenresorption aus Gemüse. Gleichzeitig in der Nahrung vorhandenes Vitamin C (z.B. aus Frischkostsalat oder
Orangensaft) verbessert ebenfalls die Eisenaufnahme. Pflanzliche Quellen für das wichtige Spurenelement Eisen sind Gemüse, frische
Gewürzkräuter, Trockenfrüchte, Traubensaft, Roggenvollkornbrot, Hülsenfrüchte, Haferflocken, Weizenkeime, Sesamsaat und
Sonnenblumenkerne. Bei Unsicherheit über die Qualität der Eisenversorgung kann schließlich aufgrund einer ärztlichen Untersuchung
(Ernährungsstatus) bzw. Verordnung eine gezielte Nahrungsergänzung durch eisenhaltige Medikamente bzw. diätetische Präparate
vorgenommen werden.
Als Resümee läßt sich festhalten: (Ovo-)lac-tovegetabil orientierte Ernährungsformen ermöglichen eine bedarfsangepaßte, vollwertige und
schmackhafte Nahrungsversorgung. Aus gesundheitlicher und leistungsphysiologischer Sicht ist jedoch ein mäßiger bzw. gelegentlicher
Fleischkonsum keineswegs abzulehnen. Vielmehr gilt es, dem im ?Steakglauben" verwurzelten Sportler einen Anstoß zu geben, seine
Ernährungsgewohnheiten zu überdenken etwa im Sinne, Fleisch nicht mehr in den Mittelpunkt der täglichen Mahlzeiten zu stellen.
Kartoffeln, (Vollkorn-)Reis oder (Vollkorn-)Nudeln und Gemüse bilden dann den Hauptbestandteil, Fleischgerichte eher die - nicht einmal
mehr alltägliche - Beilage eines Essens, das je nach Bedarf auch durch eine Quarkspeise effizient im Eiweißgehalt aufgewertet werden
kann. Diese veränderten Ernährungsmuster sind allgemein zu empfehlen in der täglichen Ernährung zuhause sowie in der
Gemeinschaftsverpflegung.
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