Seitenstechen
Fast jeder kennt es, doch die Ursachen sind noch nicht völlig geklärt.
Tipps für schnelle Abhilfe
Kinder und Jugendliche bekommen oft Seitenstechen. Ein Grund: Sie
wärmen sich nicht auf, sondern laufen einfach los. Aber auch
Erwachsene sind vor dem Zwicken unterhalb des Rippenbogens nicht
sicher. Falsches, also flaches, unrhythmisches Atmen führt bei
längeren körperlichen Aktivitäten zu Seitenstechen. Das Problem
verschwindet aber meist mit steigender Kondition und verbessertem
Trainingszustand von alleine.
Die Stiche sind schmerzhaft, aber in der Regel harmlos. Allerdings
können sich hinter dem fiesen Ziehen ernstere Beschwerden
verbergen. Linksseitiges Stechen kann durchaus ein Hinweis auf
Herzdurchblutungsstörungen sein. Auch Magen- und
Darmbeschwerden können als Seitenstechen fehl interpretiert werden.
Im Zweifelsfall sollten Betroffene die Symptome von einem Arzt
überprüfen lassen.
Verschiedene Theorien
Was genau die unliebsame Begleiterscheinung beim Joggen, Radfahren
oder Schwimmen auslöst, ist bis heute nicht hundertprozentig geklärt.
Eine eindeutige Ursache gibt es nicht, vielmehr werden mehrere
Faktoren als Auslöser diskutiert.
Eine Theorie geht davon aus, dass beim Seitenstechen verschiedene
Organe wie Leber, Milz, Magen sowie Darm nicht ausreichend
durchblutet werden. So könnte beispielsweise anstrengender
Ausdauersport, bei dem das Blut vor allem für die stark arbeitende
Muskulatur beansprucht wird, zeitweise zu einer Unterversorgung der
Leber führen und dadurch einen Spannungsschmerz in der
Leberkapsel hervorrufen. Das würde erklären, warum die Stiche oft auf
der rechten Seite auftreten. Auch eine mangelnde Durchblutung des
Darms gilt als mögliche Ursache für die Beschwerden, in diesem Fall
wären Gase, hervorgerufen durch Darmkrämpfe, schuld am Ziepen
unter dem Brustkorb.
Nicht mit vollem Magen sporteln
Die bevorzugte Annahme unter Sportmedizinern ist jedoch, dass eine
Fehlbelastung des Zwerchfells - unser wichtigster Atemmuskel - zu den
Stichen führt. Möglicherweise wird dies unterstützt durch falsche Ess-
und Trinkgewohnheiten. Wer Seitenstechen vorbeugen möchte, sollte
deshalb nicht mit vollem Magen trainieren. Die Verdauungsorgane
stehen nämlich in direkter Verbindung zum Zwerchfell, das von
gefüllten Organen mächtig strapaziert wird. Als Faustregel gilt: ein bis
zwei Stunden vor der körperlichen Betätigung nichts Schweres essen.
Trinken ist dagegen erlaubt, vor sportlichen Aktivitäten sogar
empfehlenswert. Die Getränke sollten aber nicht zu kalt sein und keine
Kohlensäure enthalten. Langsames Aufwärmen sowie bequeme
Kleidung, die eine unbehinderte Atmung zulässt, tragen ebenfalls dazu
bei, dass Seitenstechen erst gar nicht entsteht.
Zudem sollten besonders Jogger auf die richtige Körperhaltung achten.
Viele Laufanfänger nehmen beim Joggen die Arme zu hoch, was zu
muskulären Verspannungen im Schulterbereich führen kann und
häufig von Seitenstechen begleitet wird.
Schnelle Hilfe
Bei Seitenstechen gilt: Das Tempo sofort reduzieren oder gleich eine
Pause einlegen und ganz bewusst in den Bauch hinein atmen. Tief
einatmen, so dass sich der Bauch nach vorne wölbt. Beim Ausatmen
den Bauch nach innen ziehen. So verschwinden die Beschwerden
schneller.
Chronischer Leistenschmerz
Im Sport ist man auf vielfältige Weise mit Beschwerden in der
Leistenregion konfrontiert. Je nach Sportart und Belastungsform,
kommen mehr oder weniger typische Verletzungs- oder
Überlastungsmuster vor. Die meisten Sportler mit der typischen
Sportlerleiste sind Fußballspieler, Handballspieler, Hockeyspieler,
Hürdenläufer, aber auch Tri-Athleten und Marathon-Läufer gehören
dazu.
Sportler, die unter anhaltendem Leistenschmerz leiden, sollten sich in
die Behandlung eines spezialisierten Sportmediziners begeben. Unter
der Leistenregion wird klassischerweise die Unterbauchregion
bezeichnet, die nach caudal (nach unten) durch das Leistenband,
medial (zur Mitte hin) den Rand des M. rectus abdominis und lateral
(zur Seite hin) vom Beckenkamm und einer etwa eine handbreit
oberhalb des Leistenbandes verlaufenden Linie begrenzt wird.
Im Alltag wird häufig die Region des Ansatzes der
Adduktorenmuskulatur (Muskulatur der Oberschenkelinnenseite) am
os pubis (Schambein) zur erweiterten Leistenregion hinzu gerechnet.
Der chronische Leistenschmerz tritt sehr häufig bei Sportlern auf.
Unter einem chronischen Leistenschmerz wird ein länger als 6 Monate
anhaltender Schmerz in der Leistenregion bezeichnet. In der
wissenschaftlichen Literatur spricht man von einem long standing
groin pain (LSGP), wenn dieser länger als 2 Monate anhält.
Chronischer Leistenschmerz kann viele Ursachen haben
Hinter dem chronischen Leistenschmerz können sich eine Vielzahl von
Erkrankungen verbergen, da die Leistenregion häufig eine
Projektionsfläche für andere Störungen darstellt.Bei der ersten
Untersuchung des Sportlers sind zunächst unterschiedliche
Beeinträchtigungen und Veränderungen in der Leistenregion
abzugrenzen, die sich zwar auf die Leiste und den Leistenkanal
projizieren, ihren Ursprung aber in benachbarten Strukturen haben.
Hierzu zählen:
Muskelfaserrisse oder Zerrungen der Oberschenkel-, Hüftbeuger- oder
Bauchmuskulatur,
die Zerrung der Adduktoren-Muskulatur mit chronischen Schmerzen
an ihren Ansätzen am Schambeinknochen,
Ermüdungsbrüche oder Ausrisse von Muskelansätzen im Becken und
Hüftbereich,
Überlastung, Entzündung oder Knorpelschäden im Hüftgelenk,
Nervenreizungen mit Ausstrahlung in die Leiste bei Fehlhaltungen oder
Schäden an der Wirbelsäule,
Krankhafte Veränderungen im Genitalbereich beim männlichen
Athleten,
Typische Leistenbrüche (Hernien) mit sicht- oder tastbarem Bruchsack.
Bei Sportlern mit Leistenschmerzen findet sich oft eine weitere
Veränderung, die erst in Untersuchungen der letzten Jahre vermehrt
Beachtung gefunden hat und nun weitgehend geklärt ist. Besonders in
der englischen Literatur hat sich der Begriff der „Sportsmen’s Hernia“
etabliert. Der Begriff einer „weichen Leiste“ kommt den heute
vorliegenden Untersuchungsergebnissen am nächsten.
Es handelt sich um eine durch die sportliche Belastung erzeugte
Schwächung der Hinterwand des Leistenkanals, der entscheidenden
Struktur für die Stabilität der Bauchdecke in dieser Region. Diese
Hinterwand besteht aus faserigem Bindegewebe und nicht aus
Muskelschichten. Sie kann also nicht durch Muskelaufbau oder ein
besonderes Training gestärkt oder stabilisiert werden.
Bedingt durch die besondere Anatomie dieser Region mit dem hier
durchtretenden Samenstrang ist vorwiegend der männliche Athlet
betroffen. Ungeachtet einer meist hervorragend entwickelten
Bauchmuskulatur entsteht in den muskelfreien Fascienanteilen der
Leistenregion eine Gewebeschwäche. Erhöht sich dann durch eine
plötzliche und kraftvolle Muskelanspannung der Druck im Innern der
Bauchhöhle, kommt es zu einer Vorwölbung der muskelfreien
Wandschicht. Über diese Struktur verlaufen Nerven, die nun ebenfalls
gedehnt und somit gereizt werden.
Vorwiegend ist der ramus genitalis (er zieht innen an der Bauchwand
zum Leistenkanal und gelangt durch diesen nach außen. Er versorgt
die Haut der Leistengegend und den Hodensack bzw. die großen
Schamlippen sensibel und den Musculus cremaster (Hodenheber)
motorisch) des nervus genitofemoralis (er zieht mit der Arteria
(Oberschenkelarterie) und Vena femoralis (Oberschenkelvene) durch
die Lacuna vasorum (Muskelpforte) an die Innenseite des
Oberschenkels. Er versorgt die rumpfnahe Innenseite des
Oberschenkels sensibel) betroffen.
Durch seine Dehnung entsteht der für die Sportlerleiste typische und
äußerst unangenehme Nervenschmerz, der in den Genitalbereich und
sogar bis in den Hoden ausstrahlen kann. Da bei der Sportler-Leiste
nicht der übliche Bruchsack oder die Aufweitung des Leistenkanals zu
erwarten ist, gelingt der Nachweis dieser Veränderung selten mit
aufwendigen technischen Untersuchungsmethoden wie Sonographie,
CT oder Kernspintomographie. Alleine die genaue Kenntnis der
Leisten-Anatomie und die manuelle Untersuchung durch den
erfahrenen Leisten-Chirurgen führen zur richtigen Diagnose.
Diagnostik
Der Nachweis einer Sportler-Leiste gelingt nicht durch eine Blick-
Diagnostik oder eine „Drei-Minuten-Untersuchung“. Am Anfang steht
eine genaue Anamnese-Erhebung (systematische Befragung), die eine
Beurteilung der sporttypischen Bauchdecken-Belastung mit
einschließt. Zunächst müssen die differential-diagnostisch (andere
denkbare Diagnosen betreffend) in Betracht kommenden
Veränderungen in der Leistenregion abgegrenzt bzw. ausgeschlossen
werden.
Die klinische Untersuchung durch einen auf die typischen
Veränderungen der Leistenregion von Sportlern spezialisierten
Chirurgen steht immer im Vordergrund. Untersuchungen mit großem
technischem Aufwand führen selten zur richtigen Diagnose. So wird
beispielsweise eine Kernspintomographie in völlig ruhiger,
unbeweglicher Rückenlage durchgeführt. Die Bauchdecke muss dabei
sogar entspannt bleiben, um keine Verwacklungs-Artefakte zu
erzeugen. Eine Schwäche mit Vorwölbung der Hinterwand des
Leistenkanals kann auf diese Weise also gar nicht nachgewiesen
werden. Die Veränderung ist nur „in Aktion“ erkennbar.
Unfallmechanismus
Für die Sportler-Leiste gilt ebenso wie für die Entwicklung des
typischen Leistenbruches, dass nicht eine plötzlich einwirkende Gewalt
zu der Schädigung führt, sondern dass sich langsam aber sicher eine
Gewebeschwäche in der Leisten-Region entwickelt. Einen eigentlichen
Unfallmechanismus gibt es also nicht.
Auch für die Entstehung des typischen Leistenbruchs haben die
Ursachenforschungen der letzten Jahre einen von Mensch zu Mensch
unterschiedlichen Gewebefaktor nachgewiesen, der gerade beim
jungen und möglicherweise gut trainierten Patienten zu einer
Schwächung und Aufdehnung des Bindegewebes führen kann. Da
oftmals eine heftige Gewalteinwirkung wie Pressen, Husten oder
ruckartige Muskelanspannung den Bruch erstmals hervortreten lässt,
hat sich bis heute der Begriff eines „Geweberisses“ gehalten. Dies lässt
sich aber nach heutigem Kenntnisstand nicht aufrechterhalten.
Der Prozess der Gewebeveränderung verläuft relativ langsam. Erst
wenn das Bindegewebe eine kritische Stabilität erreicht hat, kommt es
zur plötzlichen Ausstülpung des Bruchsackes. Im besonderen Fall der
Sportlerleiste ist diese Bindegewebeschwäche nicht nach Außen
sichtbar. Die Vorwölbung der Hinterwand des Leistenkanals wird vom
Athleten durch die simultane Nervendehnung als Schmerz
wahrgenommen und ist nur für den Untersucher tastbar.
Therapie
Bis vor kurzem war die Therapie auf Maßnahmen wie Antiphlogistica-
Gaben (Entzündungshemmer) , Wärmeanwendungen und
längerfristige Sportpausen beschränkt. Einige auf Leisten-Chirurgie
spezialisierte Operateure vermelden Erfolge in der Beseitigung der
typischen Beschwerden durch eine offene Freilegung der Leiste mit
Verstärkung der geschwächten Hinterwand des Leistenkanals. Bei
diesem Eingriff werden die hier gereizten Nerven verlegt bzw. reseziert
(entfernt) und die Bindegewebswand durch Naht gestrafft. In der
Heilungsphase kann schon sehr früh wieder mit einfachem Training
begonnen werden. Der Sportler kann oft nach ein bis zwei Wochen
wieder zu seinem Training in vollem Umfang zurückkehren.
Das OP-Verfahren verzichtet bewusst auf die Implantation von
Fremdmaterial. Es ist besonders für den jugendlichen Sportler
geeignet, dessen Bindegewebe allgemein noch straff ist. Diese OP-
Technik wird Minimal Repair genannt und vorwiegend beim jungen
Sportler angewendet.
Mittlerweile zeigen von verschiedenen Zentren durchgeführte
Untersuchungen, dass die minimal invasive OP-Technik (operativer
Eingriff mit kleinster Verletzung von Haut und Weichteilen) ebenfalls
gute Ergebnisse liefert: die laparoskopische Stabilisierung (kleiner
Schnitt) der Leistenhinterwand durch Implantation eines hochwertigen
Kunststoffgewebes.
Es handelt sich um die Leisten-Reparation in der so genannten
Schlüsselloch-Technik. Bei dieser Operationstechnik wird die
Leistenregion von Innen angegangen – also von dort, wo die
geschwächte Geweberegion direkt und ohne Umwege erreicht werden
kann. Im Vergleich zum Minimal Repair wird auch hier die Verstärkung
der sich vorwölbenden Leistenkanal-Hinterwand angestrebt -
allerdings nicht mit eigenem Gewebe, sondern mit einem
Netzimplantat. Natürlich ist auch diese OP nicht ganz ohne Risiken, die
Gefahr einer Schädigung der betroffenen Nervenbahnen oder der
Samenstranggebilde, die zum Hoden ziehen, ist aber auf jeden Fall
deutlich geringer, da sie nicht direkt im OP-Gebiet liegen; der
Samenstrang muss auch nicht ausgelöst oder unterfahren werden.
Besonders schonend ist die von einigen Spezialisten erprobte
Methode, die Kunststoffnetze nicht mit Tackern an der inneren
Bauchwand zu befestigen sondern das Material sozusagen
„aufzukleben“. Besonders bewährt hat sich die Verwendung
ultraleichter, mit Titan bedampfter Kunststoffgewebe. Durch ihre
hydrophilen Eigenschaften kann oft auch auf den Einsatz von
Fibrinkleber (Gewebekleber) verzichtet werden. Die vorgestellten
Untersuchungsergebnisse haben gezeigt, dass diese eingesetzten
Materialien eine minimale Fremdkörperreaktion und die geringste
Schrumpfungstendenz aufweisen.
Nach heutigem Studienstand lässt sich die Sportlerleiste sowohl durch
ein OP-Verfahren mit Schnitt, als auch durch eine Reparatur der
Leistenwand von innen in der laproskopischen Technik erfolgreich
behandeln. Beim jüngeren Athleten wird man oft auf das Minimal
Repair-Verfahren zurückgreifen, da es ohne Fremdmaterial
(Netzimplantat) auskommt. Der etwas ältere Sportler profitiert eher
vom laparoskopischen Verfahren.
Abschließend sollte darauf hingewiesen werden, dass in einzelnen
Fällen durch eine lang anhaltende Reizung der Leisten-Nerven ein
„Schmerzgedächtnis“ entstehen kann , dass auch nach erfolgreicher
Leistenstabilisierung nur langsam abgebaut werden kann.
Danke das Sie die Seite www.laufpirat.de besucht haben