Euphorische Zustände
Viele Langstreckenläufer berichten begeistert von dem euphorischen Zustand, den sie nach einer Phase extremer Erschöpfung erleben.
Sportwissenschaftler, Mediziner und Psychologen versuchen seit den 60er Jahren dem so genannten Runner`s High auf den Grund zu
gehen. Doch bislang kann keine Theorie das Phänomen ganz klären.
Sportler beschreiben den rauschartigen Zustand als das Gefühl, sich selbst wie in einem Film zu sehen. Schmerzen verschwinden und sie
glauben zu schweben. Viele Athleten nehmen die Natur um sie herum plötzlich viel intensiver wahr als zuvor.
Endorphine bewirken den Rausch
Allgemein werden Endorphine für diesen rauschartigen Zustand verantwortlich gemacht. Diese Botenstoffe (Neurotransmitter) produziert
der Körper selbst. Sie sind chemisch verwandt mit den Morphinen und haben ähnliche Wirkung. In Stress-Situationen werden sie in dem
synaptischen Spalt zwischen den Nervenzellen ausgeschüttet. Sie docken an speziellen Rezeptoren an und unterdrücken damit die
Schmerzreize.
Normalerweise stellt der Körper Endorphine her, um in Extremsituationen Angst zu bewältigen, Schmerzen zu ertragen oder erfolgreich
flüchten zu können. Die körpereigenen Opiate tummeln sich sowohl im Rückenmark als auch im Blut und in einigen Organen, wie Lunge,
Harnblase und Darm. Vor allem aber sind sie im Gehirn zu finden, in jenen Arealen, die für Stimmung, Gefühle und Schmerz zuständig sind.
Es rauscht nur bei starker Belastung
Tatsächlich haben Studien gezeigt, dass der Endorphingehalt im Blut nach etwa 20 Minuten starker Belastung deutlich ansteigt. Allerdings
ist für diese vermehrte Ausschüttung eine Belastung notwendig, wie sie nur hochtrainierte Sportler erbringen können.
Die körpereigenen Opiate sind auf Grund ihrer schmerzlindernden Wirkung in der Lage, Erschöpfungsschmerzen während eines
Wettkampfes zu senken. Der Laufexperte Doktor Oliver Stoll vermutet, dass es eine Art Hochstimmung auslöst, wenn der
Langstreckenläufer plötzlich, nach all den Strapazen, kaum noch Schmerzen spürt. Nicht geklärt ist bisher, ob auch die Konzentration des
Endorphins im Gehirn ansteigt und dort ein Glücksgefühl auslöst.
Im Wettkampf ist das Hochgefühl stärker als im Training
Psychologen sehen die Ursache für das Runner`s High eher in der monotonen Harmonie des Laufens. Eine Rolle spielt vermutlich auch die
Ablenkung von Alltagssorgen. Da das rauschartige Hochgefühl häufiger in Wettkämpfen als im Training auftritt, sich in Zielnähe verstärkt
oder nach dem Passieren der Ziellinie einsetzt, könnte bedeuten, dass die Euphorie eng mit dem Erfolgserlebnis verbunden ist. Das Fazit
lautet, dass beim Runner`s High vermutlich sowohl seelische als auch körperliche Faktoren eine Rolle spielen.
Süchtig nach dem Rausch
Das Glücksgefühl kann offenbar süchtig machen. Immer wieder berichten Langstreckenläufer von Entzugserscheinungen und
Depressionen, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen längere Zeit mit dem Laufen aussetzen müssen. Unbestritten ist, dass Dauerlaufen
das Selbstgefühl tief greifend beeinflussen kann. Daher wird Joggen auch in der Therapie von psychisch Kranken eingesetzt.
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